Der Stille Einhalt gebieten

Der Stille Einhalt gebieten

Jene Welt, deren Wirrungen einen ganz normalen Alltagsmenschen mit auf seine ganz eigene Reise nehmen, sorgt für Aufruhr im Innen und Außen. Alles, was ihn umgibt, umschmeichelt weder der Weite noch das es dauerhaft in Höhen hebt, dessen Boden seine Füße kaum noch erreichen. Wo auch immer er sich aufhält, des Landstriches zum Teil ungewöhnlich seiner ursprünglichen Natur, versucht er sein Leben zu gestalten, wie sein Geist es ihm befiehlt. Oder geschieht es umgekehrt? Der Eindeutigkeit dieser Frage auf die Spur zu kommen, obliegt einem stillen Sein, dessen Grenzen hinweg über das alltäglich Gewöhnliche hinausgehen können. Es ist eine Frage des Zu-Lassens im sich Öffnen des Feldes Raums, welcher alles in sich birgt, der Wahl an Ablenkungen fern. So gilt jenes Leben, welches ein jeder für sich als richtig erachtet, immer wieder einer Schau zu unterlegen, deren Antwort sich in sich selbst zeigt. Lauschen wir, gelingt es, diesem Leben Gehör zu schenken, es in seiner Fülle wahrzunehmen. Jedwede Wertung gebiert der Beobachtung ihrer selbst einen Weg, die Antworten auf ungestellte Fragen eröffnen jedoch erst die Grenzlosigkeit, wenn der Geist sich selbst betrachtet. Ein jeder Mensch zielt auf die Richtigkeit seiner Fußspuren ab, nagt man jedoch an der Oberfläche der äußeren Schale, bröckelt es Schicht um Schicht, bis auch jenes Innere zerbarst, welches Zeitlebens in seiner angenommenen Richtigkeit fest umhüllt. Im Glauben an seines Gleichen eigene Güte zieht er Kreise, andere berührend, anderen erklärend, anderen befehlend, andere bekriegend, andere liebend, anderen abgewandt, anderen vorausgehend, andere schauend, andere missachtend, andere beobachtend, andere … Die Liste all jener Taten ist lang und kann bis in alle Ewigkeit fortgeführt werden. Was fehlt, ist Nähe. Seiner selbst Willen fungiert ein jeder der Anerkennung wegen. Als gäbe es nichts in ihm selbst, was des Wortes der Annahme wert wäre. Wechselt jener die Seiten und erschafft sich ein Leben außerhalb dieser gelebten Gewöhnlichkeit, folgt all jenes, was sich im Verborgenen versteckt und zu Tage tritt, wenn die Nächte der Dunkelheit Höhe erreicht haben. Betrug um des Selbstes Willen? Ziert jene an sich Sprache einer Unterwerfung seiner eigenen Bedürftigkeit? Finden jene Worte der ausgelebten Stimmungen jene Bereiche in der Endlichkeit seines Seins wirklich das, was er Zeit seines Lebens sucht und sich doch immer wieder selbst verwehrt? Er wähnt sich ob der Wunderbarkeit der Orte im schwelgenden Glück, ob der neu gefundenen Anderen in sinnerfüllter Bereicherung, ob der angehäuften Mittel, ob des Erfahrenden näher des Steins der Weisen. Und doch verfängt sich auf seinem Weg jene Leere, die einer Unabdingbarkeit gleicht: es fehlt. Nur selten findet er den Ausdruck dessen, was es ihm zuruft. Ein scheinbares Verweilen fühlt an den Rand jener Grenze, an welcher er den Schall der Aussagekraft wahrnehmen könnte, jedoch entschwindet der ach so wunderbare Geist in der Gegenwärtigkeit des Augenblicks der Ablenkung, welche er betrachtet. Jedoch fügt sich weder Wahrgenommenes dem Wahrnehmenden noch dem Wahrzunehmenden. Es betrügt sich in seiner Fülle selbst und bleibt stetig ungesehen. Was jedoch ist dieses sich selbst zur Schau Stellende? Gelingt es einen Blick nah dessen zu wenden, es zu betrachten, es zu erfühlen? Was soll sich selbst erfühlen, was dem Erfühlbaren aus sich heraus gleicht? Nie findet sich eine zureichende Antwort auf dieses, was scheinbar dahinter liegt und doch so nah hervortritt. Des Verstandes Macht gebiert jedwedes Erleben einen Namen, der Erreichbarkeit diese Jenes nur Wenigen oblag. Folgt der Nähe der nächste Schmerz? Folgt des Blickes das nächste Ausweichen? Folgt der Emotionalität der nächste Stau? Folgt das nächste Habenwollen dem eigentlichen Sein? Der Fragen viele finden sich im zeitlos empfundenen Zeitlosen, ohne dass sich je eine Antwort offenbart. Des Weg’s wegen? Wäre jener wirklich hier, könnte er der Stille zwischen den Worten lauschen …

Kati Tripura Voß

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