Wiedersehen in einer lauten Welt

Ausschnitt aus: ‚WIEDERSEHEN IN EINER LAUTEN WELT – Die Endlichkeit der Ewigkeit‘

Nebenan waren die Menschen. Sie feierten, laut, stimmungsvoll, sich und ihn lobpreisend. Ein tosendes Getöse zwischen den Stühlen, niemand blieb sitzen, die Musik heizte den Menschen ein, lange bevor er kam. Er genoss es, sich vorher abgekühlt im Eisbecken, auf der Bühne stehend zu wirken und inspirierend mitzusingen: dieses Lied sog die Menge aus allen Fugen und tat es ihm gleich. Kein Haar blieb mehr am anderen, kein Kleid blieb sanft um die Beine geschmiegt, kein Hemd mehr dem Körper nah: alles wölbte sich vor lauter Lebenslust, auf dass dieses gemeinsame Pulsieren nie vorüberginge. Das ‚Yeah‘ wurde unterbrochen von seiner Stimme mit der Frage nach dem ‚Wie geht es euch da draußen, ihr meine Lieben?‘ und mit einem ebenso eindrucksvollen ‚Yeaaaaaah‘ wurde bekundet, dass alles super war: Freude, Spaß, Stimmung, Erwartung, Erfüllung. Jene Worte sollten das Bewusstsein der Menge durchbohren, sich ihrer Muster erkennend, um zu sein, wer sie wirklich sind.

Das Leben wird nie mehr dasselbe sein.

„Wozu auch?“ sagtest du zu ihr. „Wozu soll das Leben dasselbe sein? Was für ein Nonsens der da labert! Diese ganzen Beweihräucherer: Gurus, die keine sein wollen und sich im unbewussten Inneren doch als solche ausgeben. Nur haben sie nicht einmal die Bedeutung des Wortes wirklich in sich aufgenommen.“ ‚Gewichtig, schwer‘ stand es in einer Passage erklärend geschrieben, eine andere formulierte es als Ehrentitel für einen spirituellen Lehrer. Du warst sauer. Sie konnte es spüren. Sie erzählten von polaren Welten, deren Tiefen sie nicht kannten, selbst wenn es ihre offerierten Lebensläufe feilboten. In der dunkelsten ihrer Stunden wollten sie gehen, doch dann kam das Heil und holte sie zurück. Ich hörte dein Stöhnen. Sie gingen dir alle so auf die Nerven mit ihrer Lebendigkeit, ihrem Selbstgefallen, ihrem Redeschwall, ihrem Wissen, dass einem Besseren galt. Nein, du wünschtest noch nie jemanden etwas Gegenteiliges von dem, was sie erlebten, nur um zu erkennen, welchen Pfad sie soeben beschritten hatten. Du bist abgebogen, längst. Sie sah dir zu, während du dich leise über die lauten Menschen echauffiertest. Nicht jeder Ausdruck benötigt ein Wort, aber manche Worte benötigen einen Ausdruck.

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