1. Hinführung: Die Schwelle der Leere / Reihe: Das Tetralemma der Leere

Folge 1 der Reihe – Das Tetralemma der Leere – Vier Tore ins Grundlose – Eine poetisch-philosophische Serie über Auflösung, Haltlosigkeit und die Freiheit jenseits aller Gewissheiten.

Das Tetralemma (catuṣkoṭi) geht auf die Lehre Nāgārjunas zurück, den großen Meister des Mittleren Weges. Es beschreibt vier Positionen des Denkens – Es ist. Es ist nicht. Es ist und es ist nicht. Es ist weder noch. – die Schritt für Schritt jede Behauptung entziehen und in die Erfahrung von Leere führen. Diese Reihe lädt dazu ein, diese Tore nicht als logisches Spiel zu verstehen, sondern als innere Bewegung. Ein Weg, der nicht Halt schenkt, sondern Freiheit. Ein Atem in die Grundlosigkeit.

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Am Anfang dieses Weges steht kein fester Satz, sondern eine Schwelle. Sie wirkt unscheinbar, fast unsichtbar, und doch ist sie von größter Bedeutung. Es ist die Schwelle der Leere. Nicht das Nichts, das uns schreckt, sondern ein Raum, der weiter ist als alle Vorstellungen, stiller als jedes Wort, offener als jede Erwartung.

Wir sind gewohnt, Halt zu suchen: in Gewissheiten, in Formen, in Wahrheiten, die wir festzuhalten meinen. Doch an dieser Schwelle spürt man, dass all das brüchig ist. Leere nimmt nichts, sie gibt. Sie spricht nicht, sie erklärt nicht, sie formt nicht – und gerade darin schenkt sie einen Raum, der uns trägt, weil er uns nichts mehr festhalten lässt.

Hier beginnt das Tetralemma der Leere. Vier Tore öffnen sich, nacheinander, jedes auf seine Weise ein Prüfstein für den Geist. Zuerst das Tor der Behauptung: Es ist. Dann das Tor der Verneinung: Es ist nicht. Darauf folgt das Tor des Paradoxen: Es ist und es ist nicht. Schließlich das Tor der Auflösung: Es ist weder noch.

Noch stehen wir draußen, an der Schwelle. Aber schon jetzt ahnen wir, dass dieser Weg kein Spiel der Begriffe ist, sondern eine Bewegung, die uns selbst betrifft. Es ist der Weg hinein in eine Freiheit, die keinen Grund mehr kennt.

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Reihe: Das Tetralemma der Leere

Folge 1 – Hinführung: Die Schwelle der Leere

Bevor das Tetralemma sich öffnet, steht die Schwelle:
der Mut, ohne Halt zu gehen.
Leere ist nicht Nihilismus, sondern Offenheit.
Nicht Mangel, sondern Raum.
Diese Folge führt sanft ein in die Bewegung: vom Gewohnten ins Ungewohnte, vom Grund ins Grundlose.

Folge 2 – Es ist

Die erste Behauptung: „Es ist.“
Hier zeigt sich der gewohnte Blick: die Welt ist da, klar, greifbar.
Sein, Wahrheit, Gewissheit – so beginnt jede Erfahrung.
Das erste Tor ist die Bestätigung der Wirklichkeit.

Folge 3 – Es ist nicht

Die zweite Verneinung: „Es ist nicht.“
Alles, was zu sein scheint, wird in Frage gestellt.
Nichts bleibt, nichts trägt.
Dies ist das Tor des Entzugs: der Blick in die Vergänglichkeit, in das Nichts.

Folge 4 – Es ist und es ist nicht

Das dritte Tor öffnet das Paradoxe.
Beides gilt zugleich: Sein und Nicht-Sein.
Hier wird der Geist zerrissen – und doch weitet sich das Verständnis.
Die Einheit der Gegensätze wird sichtbar.

Folge 5 – Es ist weder noch

Das vierte Tor: völlige Auflösung.
Weder Sein noch Nicht-Sein, weder Behauptung noch Verneinung.
Alles zerfällt, bis nur noch Leere bleibt.
Das ist der Durchbruch – frei, unbegrenzt, haltlos.

Folge 6 – Die Weite der Leere

Hier öffnet sich der Raum hinter allen Toren.
Leere spricht nicht, erklärt nicht, formt nicht – und doch trägt sie alles.
Dies ist die Erfahrung: das Unsagbare, das stille Feld, das sich nicht greifen lässt.

Folge 7 – Wegführung: Die Freiheit ohne Grund

Das Tetralemma endet nicht im Nichts, sondern in Freiheit.
Wer es durchschritten hat, fürchtet die Haltlosigkeit nicht mehr.
Grundlosigkeit wird zum Atem: Offenheit, Klarheit, Loslösung.
Hier klingt die Reihe aus – als Einladung, Leere zu leben, nicht nur zu denken.

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Diese Reihe findet sich wieder in Band XII – DIE FREIHEIT DES NICHTS
(Nāgārjuna – Tetralemma & der Mittlere Weg) aus der Buchreihe WEISHEITSWISSEN. / Kategorie: Spirituelle Philosophie & Weisheitsliteratur für den inneren Weg (erscheint Februar 2026)